J.Schmitt: Ablösung Staatsleistungen

In einer ersten Schrift zur Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften formuliert Dr. jur. Josef Schmitt, Geheimer Finanzrat und Mitglied des katholischen Oberstiftungsrats in Karlsruhe, die wesentlichen katholischen Positionen, die teilweise heute noch vertreten werden.
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Vorwort

Meine Schrift: Staat und Kirche, bürgerlich rechtliche Beziehungen infolge von Säkularisation, war gerade erschienen, als die neue deutsche Reichsverfassung erging und in ihrem Art. 138 die Ablösung der Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften gebot. Da war es selbstverständlich, daß ich den früher behandelten Stoff vom Standpunkte der Ablösung aus neu bearbeitete, erweiterte und vertiefte.
Der Angelpunkt liegt auch jetzt in der Frage, ob der Fiskus Gesamtrechtsfolger der säkularisierten kirchlichen Personen ist oder nicht, ob seine Pflichten altrechtlich oder neurechtlich sind, und ob er die seinerzeit vom Stifter des kirchlichen Vermögens gewollten Pflichten zu erfüllen hat oder nicht. Für die Praxis ist der Streit meines Erachtens endgültig zugunsten der Gesamtrechtsfolge erledigt, […].
Ein Gesamtrechtsfolger hat aber seine Pflichten in dem Umfang, in der Art und derjenigen Vollständigkeit zu erfüllen und abzulösen, wie sie ehemals der Stifter des Kirchenvermögens gewollt hat, wie sie sich unter der Herrschaft des Kirchenrechts entwickelt und wie sie durch Her-kommen und durch unvordenkliche Verjährung gebildet haben. Mit der Säkularisation hat sich für unsere Frage nichts geändert als die Person des Schuldners. Nur diejenige Ablösung ist gerecht, welche auf diesen altrechtlichen Grundlagen beruht.
Das wirtschaftliche Gut, welches der Staat zur Ablösung gibt, muß folgende Eigenschaften haben: Es muß wegen des ewigen Charakters der staatlichen Bedarfsschuld unverwüstlich dauerhaft sein und muß sich dem gesteigerten Bedarf der Kirche anpassen können. Diesen Anforderungen genügt nur der Grund und Boden. Dabei kommt für die Ablösung der ewigen Bedarfsschuld nicht der gemeine Kaufwert (Grundstückswert), sondern nur der nachhaltige Reinertrag in Frage. Die Kirche darf den Grundstock des Ablösungsgutes in der Regel nicht angreifen, kann vielmehr ihren ewigen Bedarf nur mit einem ewigen Reinertrag decken. Die Ablösung muß daher überwiegend eine Grundstücksausstattung sein und auf dem Reinertrag der Grundstücke aufgebaut werden.
Man hört oft sagen, daß preußische, hannoversche und oberrheini-sche Konkordat sei gar kein Konkordat, weil es nicht – wie das bayerische – in Form eines Vertrages auf derselben Urkunde von beiden Seiten unterzeichnet sei. Diese Auffassung ist unrichtig. Es gibt conventiones expressae – auf derselben Urkunde unterzeichnet – und conventiones virtuales – welche in einer bindenden Vereinbarung zwischen Staat und Papst bestehen und in einer päpstlichen Bulle ihren Abschluß finden. Beide Formen sind zulässig. Beide Formen sind zulässig, Das Entscheidende ist der beiderseitige Verpflichtungswille, wie er in dieser Schrift S. 6-15 123-158 193f. dargestellt ist. Auch der Name ist nichts Wesentliches: der Codex Iuris Canonici spricht im can. 3 von conventiones, im can. 1471 von concordata.

Karlsruhe, den 14. Dezember 1920.
Der Verfasser

 

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