Auf die Anfrage des Bundestagsabgeordneten Raju Sharma hinsichtlich der Erfüllung des Verfassungsauftrages für ein Grundsatzgesetz des Bundes, antwortet die Bundesregierung, dass dafür derzeit kein Bedarf bestehe. Die Länder hätten sich mit den Kirchen neu geeinigt und die Ablösung würde die Rückgabe eines Grundvermögens erfordern, dass die Länder es vorzögen, Geldrenten zu leisten.
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Anlage 74
Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Ole Schröder auf die Frage des Abgeordneten Raju Sharma (DIE LINKE) (Drucksache 17/191, Frage 99):
Wie und wann beabsichtigt die Bundesregierung den seit 1919 bzw. 1949 bestehenden Verfassungsauftrag aus Art. 140 des Grundgesetzes, GG. in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 Satz 2 der Weimarer Reichsverfassung, WRV, zu erfüllen. demzufolge der Bund Grundsätze aufzustellen hat. die es den Ländern ermöglichen, ihre Verpflichtung aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 Satz 1 WRV zu erfüllen, die auf Gesetz. Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgemeinschaften durch Landesgesetzgebung abzulösen?
Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 138 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung, WRV, behandelt den Besitzstand der Religionsgesellschaften aus der Zeit vor 1919, so weit er in den bis dahin geleisteten Staatsleistungen zum Ausdruck kommt. Indem schon Art. 138 Abs. 1 WRV den Auftrag erteilte, eine Ablösung der betreffenden Staatsleistungen vorzubereiten, erkannte er diese zugleich als dem Grund nach weiterhin berechtigt an. Wie die anderen in Art. 140 GG genannten Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung ist Art. 138 Abs. 1 WRV Bestandteil des Grundgesetzes und damit geltendes Verfassungsrecht.
Nach Art. 138 Abs. 1 WRV sind die auf Gesetz. Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen durch die Landesgesetzgebung abzulösen. „Ablösung'“ bedeutet aber nicht, dass die überkommenen Staatsleistungen ersatzlos wegfallen oder eingestellt werden dürfen. Nach allgemeiner Rechtsmeinung lässt Art. 138 Abs. 1 WRV die Aufhebung der Staatsleistungen nur gegen eine angemessene Entschädigung zu. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich, nunmehr der Bund auf. Die Norm weist daher dem Bund die Zuständigkeit zur Festlegung von Grundsätzen für die Ablösung durch die Landesgesetzgebung zu. Nach herrschender Auffassung in der Literatur setzt eine Aufhebung durch die Länder erst eine bundesrechtliche Grundsatzregelung im Sinne des Art 138 Abs. 1 Satz 2 WRV voraus. Anstelle einer solchen landesgesetzlichen Regelung ist nach ebenfalls herrschender Auffassung jedoch auch eine Ablösung durch Vereinbarung zwischen Land und Religionsgesellschaft zulässig.
Der Bund hat bisher Grundsätze im Sinne des Art. 138 Abs. 1 WRV nicht erlassen. Dabei waren vor allem folgende Überlegungen maßgebend:
In den neueren Kirchenverträgen der Länder sind die Staatsleistungen einvernehmlich neu und in vereinfachter Form geregelt. Insoweit wird für den Bundesgesetzgeber kein Handlungsbedarf gesehen.
Die finanziellen und volkswirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Ablösung sind nicht zu unterschätzen. Die Länder haben es bei der Anwendung ihrer Pflicht zur Rückgabe von säkularisiertem Grundvermögen stets vorgezogen, eine Geldrente zu leisten
Datei-Download: 2009_12_16_Sharma_Anfrage_Bundestag