Anlass war ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke (17/8791). Sie will die Trennung von Kirche und Staat ausbauen. In dem Entwurf schreibt die Fraktion, die Bundesländer seien nach Vorgaben der Weimarer Reichsverfassung von 1919 – die heute Bestandteil des Grundgesetzes (Artikel 140 in Verbindung mit Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung) seien – verpflichtet, die Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften abzulösen. Kirchen genössen nach wie vor Mittel in erheblichem Umfang.
„Verfassungsauftrag bis heute nicht umgesetzt“
Eine solche Bevorzugung der Kirchen gegenüber anderen Bekenntnisgemeinschaften und nichtreligiösen wie gesellschaftlichen Gruppen verstoße grundsätzlich gegen das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche und die Verpflichtung des Staates zur Wahrung der religiös-weltanschaulichen Neutralität. Ungeachtet dieser klaren und in der juristischen Fachwelt „unbestritten geltenden Regelung“ sei dieser bereits mehr als 90 Jahre gültige Verfassungsauftrag bis heute nicht umgesetzt worden.
Die Linke schlägt vor, zur den Bund zur Wahrung der Einheitlichkeit Grundsätze aufzustellen zu lassen. Diese müssten die – durch Landesgesetz verfügte – Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften und deren Entschädigung regeln. Als Ausgleich für diesen Enteignungsvorgang setze dieses Gesetz eine Ablösungssumme in Höhe des zehnfachen Jahresbetrags der gezahlten Summe fest.
Linke: Relikt aus dem vorvorletzten Jahrhundert
Der Entwurf wurde in erster Lesung beraten. Für die Linksfraktion sprach Raju Sharma, der eingangs betonte, dass es keinesfalls um die Abschaffung der Kirchensteuer oder um Zuschüsse zu kirchlichen Kindergärten oder ähnliches gehe. Es gehe um die Entschädigungen für Enteignungen, die vor etwa 200 Jahren vereinbart worden seien, um Rechtsfrieden zu schaffen, erklärte Sharma.
Seither zahlten die Länder Jahr für Jahr pauschalierte Beiträge für Personalkosten und Baulasten an die Kirchen“. Diese Staatsleistungen seien „ein Relikt aus dem vorvorletzten Jahrhundert“, argumentierte der Linkspolitiker, „und es ist Zeit, Inventur zu machen und in die Zukunft zu gehen“.
FDP: Nicht einseitig aufkündbar
Dr. Stefan Ruppert (FDP) führte aus, dass es sich nicht um eine Rechtsposition handele, „die einseitig aufkündbar wäre“. Es gehe darum, mit den Kirchen konsensuale Gespräche zu führen. Es gebe dazu bereits Stimmen sowohl aus der evangelischen als auch aus der katholischen Kirche. Diese seien gesprächsbereit, erklärte Ruppert.
Kerstin Griese (SPD) erklärte, dass sie es wichtig finde, „das Thema zu diskutieren“, sie aber den „genauen Weg im Gesetzentwurf für nicht machbar“ halte. Sie betonte die „zivilgesellschaftliche Arbeit der Kirche“, die unterstützt werden müsse. Zudem sei Deutschland ein „säkularer, aber kein laizistischer Staat“. Deshalb sprach sie sich dafür aus, „im Gespräch mit den Ländern und mit den Kirchen“ eine Lösung zu finden.
Dankgottesdienst für Papst Benedikt XVI.
Die Redner der CDU/CSU-Fraktion hatten ihre Reden zuvor zu Protokoll gegeben. Sie nahmen an dem parallel stattfindenden Dankesgottesdienst für den scheidenden Papst Benedikt XVI. in der Berliner St. Hedwigs-Kathedrale statt.
Da im Vorfeld der Debatte strittig war, welcher Ausschuss die Federführung bei der weiteren Beratung der Gesetzesinitiative der Linksfraktion übernehmen sollte, stimmte das Plenum anschließend darüber ab. Die Linksfraktion forderte die Überweisung des Entwurfs in den Rechtsausschuss, was von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurde. Sie folgten dem Vorschlag der Koalitionsfraktionen, die Gesetzesinitiative dem Innenausschuss zu überstellen.